Dr. Dieter Kraus

Fallbesprechung Grundrechte SS 1997


Fall 2a (Versammlungsfreiheit):

In B ist eine friedliche Großdemonstration geplant. Da die Polizei aber gewalttätige Ausschreitungen sogenannter Autonomer mit unkalkulierbaren Schäden für Menschen und Sachen befürchtet, richtet sie auf den Hauptanfahrtswegen Kontrollstationen ein, um dort potentielle Teilnehmer auf das Mitführen von Waffen etc. zu überprüfen. Im Zuge dieser Aktion wird ein Bus mit ca. 40 Personen an einer solchen Kontrollstation heraus-gewunken. Die Personalien der Mitfahrer werden überprüft, der Bus wird durchsucht. Anschließend wird der Bus noch ca. 5 Stunden an der Kontrollstation festgehalten. Er erreicht die Demonstration verspätet.
Greift das Verhalten der Polizei in den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit ein?

Fall 2b (Versammlungsfreiheit):

In der Gaststätte G ist eine öffentliche Veranstaltung der Partei der ‘Republikaner’ geplant. Zum vorgesehenen Beginn der Veranstaltung befinden sich etwa zwanzig Perso-nen in dem Saal. Dann erscheinen vor dem Haus einige Leute, verteilen Flugblätter, die zur Verhinderung des ‘Auftritts von Alt-Nazi Schönhuber’ aufrufen, rufen ‘Laßt uns da rein, die Versammlung wäre gleich beendet’, und versuchen in den Saal zu gelangen. Die Polizei verhindert den Zutritt.
Greift das Verhalten der Polizei in den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit ein?

Zur Vertiefung & zum Selbststudium (betr. Fälle 2a und b):

BVerfGE 69, 315 - Brokdorf
BVerfGE 84, 203 - Versammlungsverhinderung.

erstellt 11.05.1997/Kr.